„Samstag morgen. Frühstück. Es ist nicht klar, wie viele mitessen. Es werden immer mehr. Eine Nachbarin, eine Frau aus der Psychiatrie, ein Geistlicher und Banker aus gutem, reichen Hause, ein Moslem, meine Tochter und ich, Christian, Franz und weitere. Das Gespräch geht um Banken und Macht, um Protest gegen Banken und wie es ist, diesen Protest als Mitglied des Managements der Bank zu erleben. Während des Gesprächs wird dem Geistlichen klar, dass die Nachbarin zum bewaffneten Widerstand gehörte, lange Zeit im Gefängnis saß. Und er sagt: „Mein Vater stand auf der Liste der Leute, die ermordet werden sollten. Die Angst um ihn hat lange unser Leben bestimmt.“ — Und beide Seiten versuchen ein Gespräch, auch wenn Worte manchmal fehlen. Beide Seiten achten einander; es ist ein sehr sehr schwieriges Gespräch, aber es ist eins. Und sie vereinbaren weitere Treffen. Sie merken, dass sie, wenn auch von völlig verschiedenen Seiten kommend, auf der gleichen Suche sind. Das ist für mich das eigentliche an Eurer Gemeinschaft: Dass Menschen, auch ich, sich verändern, wenn sie bei Euch sind.“ (Michael Herwartz, Erftstadt-Köttingen, 29. Februar 2004)
Dieses ungewöhnliche Buch erzählt von radikal liebevoll gelebter Inklusion. Ich möchte nicht viele Worte darüber verlieren, denn ich würde dem Reichtum der Texte und der jesuitischen Spiritualität, die sich in ihnen entfaltet, nicht gerecht.
Wer mein Gespräch mit Michael Herwartz „Später habe ich verstanden, dass ich Gott beherbergt habe“ gerne gelesen hat, wird diese Dokumentation ungekürzter Erzählungen über die Berliner Wohngemeinschaft seines Bruders Christian Herwartz (Arbeiterpriester, Herausgeber der Texte und Verantwortlicher für die Wohngemeinschaft in der Naunynstraße) mindestens genauso schätzen.
Gerne zitiere ich die russische Dichterin Marina Zwetajewa, die sinngemäß sagte, man solle nur die Bücher schreiben, die man vermisst. Dieses hier ist so eines: geschrieben von den vielen Menschen, deren Wege dereinst den glücklichen Platz der Wärme und Inklusion in der Naunynstaße, Berlin Kreuzberg, gekreuzt haben.