Gastfreundschaft – 25 Jahre Wohngemeinschaft Naunynstraße

„Samstag morgen. Frühstück. Es ist nicht klar, wie viele mitessen. Es werden immer mehr. Eine Nachbarin, eine Frau aus der Psychiatrie, ein Geistlicher und Banker aus gutem, reichen Hause, ein Moslem, meine Tochter und ich, Christian, Franz und weitere. Das Gespräch geht um Banken und Macht, um Protest gegen Banken und wie es ist, diesen Protest als Mitglied des Managements der Bank zu erleben. Während des Gesprächs wird dem Geistlichen klar, dass die Nachbarin zum bewaffneten Widerstand gehörte, lange Zeit im Gefängnis saß. Und er sagt: „Mein Vater stand auf der Liste der Leute, die ermordet werden sollten. Die Angst um ihn hat lange unser Leben bestimmt.“ — Und beide Seiten versuchen ein Gespräch, auch wenn Worte manchmal fehlen. Beide Seiten achten einander; es ist ein sehr sehr schwieriges Gespräch, aber es ist eins. Und sie vereinbaren weitere Treffen. Sie merken, dass sie, wenn auch von völlig verschiedenen Seiten kommend, auf der gleichen Suche sind. Das ist für mich das eigentliche an Eurer Gemeinschaft: Dass Menschen, auch ich, sich verändern, wenn sie bei Euch sind. (Michael Herwartz, Erftstadt-Köttingen, 29. Februar 2004)

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Später habe ich verstanden, dass ich Gott beherbergt habe

Zuerst konnte ich es kaum glauben: Familie Herwartz, selbst schon zu sechst, nahm vor Jahren eine Frau samt ihrer vier Kinder aus Bosnien bei sich zu Hause auf. Michael Herwartz, von Beruf Bewährungshelfer und damals Hausmann, berichtet mir von einem einzigartigen Jahr voller Überraschungen, Tragik und einer unvergleichlichen Lebendigkeit. Michael erzählt:

Der bosnische Bürgerkrieg war eine humanitäre Katastrophe, schwer auszuhalten. In gewisser Weise vergleichbar mit Moria: Menschliches Leid, von dem wir immer wieder grauenvolle Bilder in den Nachrichten sahen. In Bonn suchte damals eine Friedenskooperative nach Leuten, die bereit waren Flüchtlinge einzuladen und bei sich aufzunehmen.

Meine Frau und ich haben überlegt: Ja, eine Person könnten wir beherbergen. Wir kontaktierten die Initiative und bald kam ein Anruf aus Bonn: Sie hätten da eine Frau mit vier Kindern. Da wir auch eine Später habe ich verstanden, dass ich Gott beherbergt habe weiterlesen